Sieg ist Trump(f) – Change ist das Wort der Stunde

Chapeau, Herr Trump! Wir erinnern uns an meinen Beitrag von vor zwei Tagen:

„Selbst wenn Trump gewählt wird, was angesichts der derzeitigen Demoskopie reichlich, reichlich mit dem Glück zugehen müsste, wird die Welt sich morgen weiterdrehen, und übermorgen und auch wenn nach dieser Legislatur ein anderer Präsident sein Amt übernehmen wird.“

Zumindest dreht sich die Welt noch weiter, kann man wohl sagen. Wäre vielleicht angebracht gewesen, schon gestern etwas dazu zuschreiben, aber ich habe mit großer Spannung die Nacht über die Wahl verfolgt. Ursprünglich, weil ich ohnehin sehr lange wach bin, wollte ich mir eigentlich anschauen, wie groß Frau Clintons Vorsprung ist, wenn ich ins Bett gehe, im Vertrauen auf die demoskopischen Erhebungen und dann wurde daraus zunächst ein Kopf-an-Kopf-Rennen im wichtigen Florida und anderen Swing-States und Trump machte immer und immer mehr Boden gut. Wo es zunächst noch ein Bild aus der Wahlkampfzentrale mit deutlich gespannter Stimmung gab, wurde immer deutlicher das der sichere Sieg der Demokraten hart erkämpft sein würde und noch später dann endgültig Makulatur war.
Was als eindeutige Sache begann, wurde zu einem Thriller, der mich vor den Bildschirm fesselte, bis es endgültig vorbei war und ich dann gänzlich übernächtigt, den Rest des vergangenen Tages brauchte, einerseits um mich auszuschlafen, andererseits um die Überraschung zu verarbeiten. Von einem Schock möchte ich nicht gerade sprechen, aber ich ging auch wie sicher davon aus, dass Frau Clinton das Rennen machen würde. Außerdem gab es auch erstmal Berichterstattung und Meinungsbilder zu konsumieren und zu verarbeiten.

Und was zeigt nach Aufrufen der Versöhnung die amerikanische Straße? Demonstrationen der Demokraten gegen Trump und die Wahl. Und rassistische Idioten, die jetzt Oberwasser haben und meinen gegenüber Schwarzen, Latinos und auch ihren liberalen Mitbürgern die hässlische Seite des Menschseins herauskehren zu können und zu müssen. Bei den Demokraten herrscht Untergangsstimmung. Am ehesten dürfte von Trump wohl dieses Bild vorherrschen:

Und bei uns in Europa und Deutschland sieht das Meinungsbild nicht wirklich besser aus. Die Welt steht vor Veränderungen zum Schlechteren, denn jetzt ist ein Brandstifter im Weißen Haus. Doch glaube ich weiterhin nicht, dass es – zumindest jetzt schon – Anlass zur Panik gibt.

Trump im stahlharten Gehäuse der Wirklichkeit

Wie ich bereits in dem erwähnten Beitrag sagte, fürchte ich die Wahl Trumps nach wie vor nicht. Das sagte sich sicherlich so leicht hin, als er noch nicht gewählt war und sein Sieg auch nicht sonderlich wahrscheinlich.schien. Allerdings hat sich an den Gegebenheiten, die ich bereits vor zwei Tagen im Kopf hatte, wenig geändert.
Auch wenn Amerika ein mächtiger Staat ist so funktioniert die Welt nicht monopolar auch nicht, wenn man mit dem größten Militär der Welt auch über die größte Drohkulisse verfügen kann. Noch immer gibt es internationale Organisationen und Netzwerke. Es gibt Abkommen die die USA auch unter einem Präsidenten Trump nicht von heute auf morgen aufkündigen oder aussetzen können, zumindest nicht ohne selbst unter deren Folgen zu leiden und die Macht im internationalen System wird auch durch die eingeschränkt, die dort ebenfalls Macht besitzen: durch Russland, China, die EU und andere aufstrebende Staaten wie Indien und alten Wirtschaftsgrößen wie Japan.

Auch ein Präsident Trump wird die auf die Erfahrung und das Wissen im administrativen Apparat zurückgreifen können. Beamte mit Erfahrung und Einschätzungen, aufmerksame Diplomaten und wirkmächtige Ministerialbeamte, die Gesetzestexte entwickeln und formulieren werden ihm ebenso zur Seite stehen, wie ein noch zu bestimmender Stab und Kabinett, die zwar gewiss auch mit Hardlinern aber nicht unbedingt Hasardeuren gefüllt werden und einem Präsidenten Trump vor Augen führen werden, dass es strategische und wirtschaftliche Interessen gibt, die an Partnerschaften und außenpolitisches Handeln gebunden sind.

Was sich hingegen verändert hat ist die Machtarithmetik in der Institution, die Checks and Balances in den USA gegenüber dem Präsident verwirklicht: dem Kongress mit seinen zwei Kammern. Die Republikaner schafften es nicht nur dort ihre Position zu halten sondern beide Kammern mehrheitlich zu besetzen und auch im obersten Gericht kann ein Präsident Trump demnächst willfährige Richter platzieren. Mit der Kontrolle des Parlamentes, das jedem Gesetz seinen Segen geben muss, erscheint es, als könne Trump nun durchregieren nun sind die USA jedoch nicht Deutschland und selbst ein Präsident mit „eigener“ Parteimehrheit im Kongress ist dennoch auch ein Gegenspieler der dort wirkenden ebenfalls einflussreichen Politiker und derer Egos und freiem Willen. Schon unter normalen Umständen müsste ein Präsident selbst bei seinen „eigenen“ Abgeordneten für seine Pläne und Gesetze werben, im Fall von Trump der im Wahlkampf eine Spur der politischen Verwüstung gerade auch in der republikanischen Partei hinter sich hergezogen hat und den das von ihm verachtete Partei- und Politestablishment auch nicht sonderlich schätzt, wird es doppelt schwer haben. Sicherlich werden die Republikaner ihren eigenen Präsidenten nicht total blockieren oder beschädigen wollen, aber sie können und werden wahrscheinlich ein waches Auge darauf haben, was er tut und was er durchsetzen kann und werden den Gesetzen wahrscheinlich auch maßgeblich ihren eigenen Stempel aufzudrücken versuchen.

Unter den Republikanern dort gibt es sicher auch viele Hardliner und sicher auch den ein oder andere Hasardeur im Endeffekt dürften sie aber ggf. Aus- und Einfälle eines Präsidenten Trump in gesetzgeberischer Hinsicht einzuhegen wissen.
Die Möglichkeiten per Dekret zu regieren lassen sich von einem Nachfolger rückgängig machen.
Und dank des starken Föderalismus ist auch noch nicht ausgemacht, wie schnell und wie stark entsprechende Vorhaben in Washington überhaupt auf den Rest des Landes durchschlagen werden.

Versöhnliche Töne nach der Wahl

Nun ist es sicher nicht unüblich nach der Wahl formell gesehen versöhnliche Töne anzuschlagen, schließlich regieren in einer Demokratie selbst Regierende, die nur von einem Teil des Volkes gewählt wurden das ganze Volk und Amerika ist im Moment besonders zerrissen. Nicht das es seitens Frau Clinton anders gewesen wäre. Die Wahl zeigt an sich, dass der Riss quer durch die Gesellschaft ging. Auch eine Präsidentin Clinton hätte die Hälfte des Wahlvolkes primär gegen sich gehabt.

Ein kurzer Exkurs dazu: Findige Statistiker haben festgestellt, dass eigentlich Trump nur von einem Viertel der Amerikaner gewählt wurde, weil die Wahlbeteiligung nur etwa bei 50% lag. Allerdings ist zu bedenken, dass diese niedrige Wahlbeteiligung für die USA durchaus üblich ist und sich regelmäßig eher im Bereich zwischen 50% und 60% bewegt und auch eine Frau Clinton, wenn sie knapp gewonnen hätte, auch nur etwa ein Viertel der Wähler auf sich vereinigt hätte. Aber solcherlei statistischer Zahlendreherei sind natürlich seit dem Brexit groß in Mode.

In jedem Fall hat Trump in seiner Rede versöhnliche Töne angeschlagen, weil es zum  guten Ton gehörte, weil er es musste, sicher auch aus strategischem Kalkül, aber ggf. wird jetzt wo er sich nicht mehr wie ein Kampfhund in einem blutigen Zweikampf in seinen Gegner verbeißen muss, um sich durchzusetzen, vielleicht sogar eine Chance. Einige der Dinge, die er versprochen hat, wird er nicht oder zumindest nicht bald durchsetzen können und es besteht die Chance, dass er vielleicht kein herausragender Präsident wird, aber das Land tatsächlich mit einem zwar rechten aber gemäßigten Kurs, der eher extrem in seiner Umsetzung werden könnte, halbwegs in der Balance hält. Konservative und sehr rechte Politiker, auch Kriegstreiber haben die USA ausgehalten bzw. haben auch deren Amtszeiten nicht nur schlechtes für das Land gebracht. Auch wenn einige der ‚Fortschritte‘ (je nachdem wie man das bewerten will) der Obama-Administration rückgängig gemacht werden, bietet Trump mit der Möglichkeit einer besseren Regierungsperspektive im Kongress, auch die Chance für die tatsächliche  Umsetzung von Politik, an der Obama leider gescheitert ist.

Man sollte skeptisch und vorsichtig sein, aber man sollte abwarten und schauen, wie Trump sein Amt tatsächlich ausfüllen wird. Denn auch Herr Trump hat bewiesen, dass er duchaus flexibel sein kann, was seine Überzeugungen anbelangt. Was ihm als Populismus angekreidet wurde, könnte jetzt nützlich sein, wenn es darum geht, ihn von moderatem Handeln zu überzeugen.

Change als altes, neues Prinzip

Die wohl größte Ironie dieser Wahl ist die Tatsache, dass Trump mit dem gleichen Versprechen gewonnen hat, wie Obama erstmal vor acht Jahren, nämlich Change. Er hat einen anderen Politikstil versprochen, einen Bruch mit dem bisherigen Parteisystem, mit dem bisherigen politischen Apparat in Washington und mit Regierungskurs von Obama und mit dem größeren Kurs auf dem sich das Land allgemein befindet. Die Leute haben Wandel gewählt. Zum paradoxen Verhältnis von Wandel und Stillstand oder Progression und Konservatismus gehört das das eine dem anderen bereits innewohnt. Sobald man einen Fortschritt (und Fortschritt ist da eher subjektiv zu sehen) erreicht hat, möchte man ihn konservieren, sobald man einen Wandel durchgekämpft hat, möchte man dessen Errungenschaften auf Dauer stellen. So bedeutet aber dennoch im reinen Wortsinn die Abkehr von Obamas Kurs auch erstmal Wandel.

Es wird deutlich das die naive Aufbruchs- und Erlösungsstimmung, die Obama mit der Formel „Yes we can“ für die Demokraten und die sich als progressiv verstehenden Teile der amerikanischen Bevölkerung ausgelöst hat, jetzt durch Donald Trump auch das Lager der Konservativen und Republikaner beseelt. Dabei ist „We make America great again“ nicht etwa das rückständige oder düstere Zerrbild der Vision Obamas. Eher einer Vision einer großen Zukunft, dessen Vorbild die vergangene Größe ist. Man sucht das Heil nicht im Überkommenen sondern versucht überhaupt auf einen Status, vor allem des Wohlstands und der Prosperität zurückzukommen, der seitdem fühlbar und tatsächlich abgenommen hat, weshalb Trump genau in dem Lager Erfolg hatte, nämlich jener Menschen, die sich nicht als Gewinner sondern eher als Verlierer der inneramerikanischen aber auch weltweiten Entwicklung sehen.

Die haben auf ein Change, auf einen Wandel ihrer prekären oder bedrohten Lage gehofft und Trump Frau Clinton, bei der eigentlich kein großer Bruch der bisherigen Politik zu erwarten war, als glaubwürdiger vorgezogen, was die Möglichkeit anging eine Verbesserung ihrer Lage zu erreichen.

Im Endeffekt hat auch von Obama niemand erwartet, dass er eins zu eins darlegen könne, wie er sich seinen gesellschaftlichen Aufbruch, die Sicherung des Weltfriedens und Verbesserung der amerikanischen Beziehungen genau durchgeplant und durchgerechnet vorstellte. Auch den Friedensnobelpreis erhielt er einfach in der Hoffnung und in Gemahnung an sein Versprechen, nicht weil er den israelisch-palästinensischen Konflikt bspw. schon geschlichtet gehabt hätte. „Yes we can“ reichte aus. Einfach versuchen. Ich glaube auch nicht, dass Trump sein wichtigstes Versprechen, das Schaffen von Millionen neuer Jobs wird umsetzen können, aber er wird es versuchen und hat auch dabei erstmal die gleiche Chance wie Obama verdient, zu zeigen was er kann.

Wie gesagt im Endeffekt ist die Ironie der Wahl, dass jetzt die politische Gegenseite mit ihrem eigenen messianischen Hoffnungsträger gewinnen konnte. Und bei aller berechtigten Kritik an Trump zum Trotz, sollte er da jetzt nicht weniger als Obama die Möglichkeit bekommen, dass er den Traum, den er seinen Anhängern gegeben hat, in die Realität zu setzen versucht.

Viel mehr passt dieser Ausschnitt aus der Folge von South ParkObamas Eleven‚ aus 2008 nun in umgekehrter Weise für die Republikaner.

Während sie mit ihrem neuen Präsidenten die neue Zeit feiern, verziehen sich diesmal die Demokraten in den Bunker. Die Demokraten werden dann aber feststellen, dass die Welt nicht untergegangen ist, die Republikaner das eine harte Feier auch ein Kater folgen kann.

Das Moral-Problem

Bei allem gesagten und auch dem im letzten und diesem Beitrag genannten Punkten, die erklären, warum es unabhängig von Bauernfängerei und reiner Protestwahl für die Amerikaner auch gute Gründe gab auf die Vision wirtschaftlicher Prosperität und nationaler Stärke zu setzen, die Trump versprochen hat, so bleibt das Problem, dass diese Vision an einem bestimmter Person, nämlich der Trumps hängt und man sich eigentlich doch die Frage hätte stellen sollen, was für einen Menschen wähle ich da eigentlich und bei mir immer auch die Frage im Kopf war und jetzt auch bei vielen Europäern im Kopf ist, wie konnte es dieser Mann schaffen? Und wie nur konnten die Leute so jemanden wählen?

Nun sagt der Welt- und Moralbewegte sicher schon, dass allein die Pläne bezüglich eines härteren Vorgehens in der Einwanderungspolitik und die erzkonservativen Absichten in gesellschaftlichen Fragen wie der Anerkennung des Ehe- oder Adoptionsrechts für Homosexuelle schon die moralische Verwerflichkeit begründen. Ich hab das hier im Blog verschiedlichentlich implizit wie explizit bereits ausgedrückt, dass auch konträrere Positionen zu Diversity, zu Multi-Kulti und deshalb zu Einwanderung und auch in Gesellschaftsfragen nichts darüber aussagen, ob jemand ein schlechter Mensch ist und das diese Forderungen an sich nicht unmenschlich oder unmoralisch per se sind, sondern es auch darauf ankommt, was man wie in welchem Umfang und mit welchem Eifer umsetzt. Migration kritisch zu sehen und auch gegen Migration zu sein und Bestrebungen zu betreiben sie abzuwehren ist etwas anderes als Migranten zu beleidigen, durch die Straßen zu jagen, sie zu verfolgen und zu töten. Eine „Our State first“-Politik bedeutet nicht automatisch, niemals offen zu sein für Kompromisse, radikal und egoistisch auf Kosten anderer seine Interessen zu verfolgen oder gleich mit dem Gedanken der Unterwerfung oder Ausbeutung anderer Länder zu spielen.

Es sind also nicht per se Absichten, die sich in diese Richtung bewegen, sondern eher die Art wie sie umgesetzt werden sollen, die einmal Anlass dazu geben die moralische Integrität eines Politikers zu hinterfragen. Hier erschien Trump zumindest im Wahlkampf als Hasardeur dem eine gemäßigte und maßvolle Politik nicht unbedingt vorschwebte. was mir Sorgen bereitet. Auch gaben seine Auftritte immer wieder das Gefühl, dass er nicht unbedingt bereit ist, die Dinge in komplexen Kausalitäten zu durchdenken und anzugehen. Ich denke nicht, dass ihm dazu die Intelligenz fehlt, ich glaube nur er sieht nicht die Notwendigkeit dafür.

Auch hat Trump mit einem absolut ungebührlichen Verhalten gegenüber Mitkandidaten, Kritikern, Journalisten, mit schwersten Beleidigungen, Beschimpfungen und Drohungen operiert, gehetzt und aufgewiegelt, wo es ihm dienlich erschien um seine Ziele verfolgen. Ein Mann der sich Fehltritte, unmenschliches und absolut derangiertes Arschloch-Verhalten geleistet hat, das in einer Gesellschaft, wie den USA, mit hohem Pietismus erstaunlicherweise nicht zu dessen Degradierung geführt hat, er im Gegenteil sogar damit durchgekommen ist und ins Weiße Haus einziehen konnte.

Er hat deutlich gemacht, dass er sich um Minderheiten einen Dreck schert, rassistisch, homophob sowieso sexistisch und frauenfeindlich denkt (vielleicht jetzt eingehegt von PR-Leuten nicht mehr unbedingt offen agiert) aber dennoch einen Einblick in seine hemdsärmelige egalistische Persönlichkeit gab, die einen Schaudern lässt. Auf dem Stuhl des Präsidenten hat ein andere Menschen verachtender Pöbler Platz genommen.

Also mal ganz unabhängig von der Politik, die man so oder so sehen und entsprechend wählen kann. Und mal ganz unabhängig davon, dass man auch um Beispiel hier in Deutschland auch Parteien wegen der politischen Überzeugungen, für die sie und man selbst steht wählen kann, auch wenn es schwarze Schafe oder unympathische Kotzbrocken unter den Frontleuten oder im restlichen Personal gibt. Aber ehrlich bei so einer Konzentration von schlechten Eigenschaften, Hemdsärmeligkeit bei einem so wichtigen Amt und der ganzen Unerträglichkeit des Verhaltens und des Gesagten erscheint es gerade bei einer Personenwahl wie dieser hier geradezu für mich völlig unverständlich, dass so jemand tatsächlich gewählt werden konnte.

Und gerade hier bin ich reichlich am Kopf schütteln über soviel Ignoranz (ich denke Dummheit wäre der falsche Begriff) gegenüber den menschlichen Qualitäten bzw. deren Nicht-Vorhandensein bei einem Kandidaten, jetzt Präsidenten Trump.

Die neue außenpolitische Unsicherheit

Auch wenn im Vorfeld viele Befürchtungen mit einer Wahl Trumps verknüpft wurden und selbst unsere Politiker nicht müde wurden, sich in den Wahlkampf der Amerikaner einzumischen und nachdem sie einen Präsidenten Trump schön in öffentlichen Interviews und Aussagen angefeindet haben, nun feststellen müssen, dass er ihnen womöglich in wenigen Monaten als Staatsoberhaupt und Regierungschef auf Gipfeln und an langen Tischen in Konferenzen sowie bei vertraulichen Konsultationen gegenüber sitzen wird. Ich will an der Stelle meine Hoffnung äußern, dass sich unsere Politiker demnächst derartige öffentliche Meinungen und Einmischungen in Wahlkämpfe fremder Länder verbitten. Denn die Situation könnte jetzt peinlich werden.

Tatsächlich ist trotz der genannten Aussagen und Untergangsprognosen eigentlich eines jetzt nach der Wahl deutlich geworden. Man weiß nämlich eigentlich gar nicht genau, was passieren wird und hat es auch vorher nicht gewusst. Trump hat nur wenig zur Außenpolitik zu sagen gehabt. Eine Aussöhnung mit Russland wurde angesprochen, eine härtere Linie gegen Iran (die sich aber eher aus einer bedingungslosen Pro-Irsrael-Politik speist, wo auch unsere Bundesregierung reichlich oft mit Samthandschuhen agiert hat und besser nicht allzu besserwisserisch auftreten sollte) und eine weniger interventionistische, stärker isolationistische Politik waren weitere Punkte. Trump hat in seiner Antrittsrede noch einmal betont, dass er Amerika eher als einen Partner unabhängiger Staaten als einen überwölbenden Hegemon verstehen wird.

Das ruft jetzt Unsicherheiten hervor, weil es mit der seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes verfolgten Linie der USA als globaler Sicherheitsgarant, globaler Demokratie-Leuchtturm und notfalls interventionistischer Hegemon zu sein bricht. Sowohl die Rolle in der Nato als auch der militärische Schutzschild gegenüber Zweit- und Drittstaaten wird ebenso wie die außenpolitischen und geostrategischen Interessen werden damit eine Neuordnung erfahren. Da Trump nicht einmal den Entwurf eines Kabinetts aufgestellt hat bisher, kann man weder an seinen dürftigen Aussagen noch vom Namen eines neuen Außenministers her erfahren, wie die Interessenlage und die bisherigen Bestandsgarantien für Taiwan, Japan und Süd-Korea im pazifischen Raum ausfallen. Die Frage danach also, ob dem Griff Pekings nach der Macht dort Tür und Tor geöffnet wird. Für Europa bedeutet es zumindest gegen Putin tendenziell weniger Schutz, wenn die Annäherung an Russland funktioniert, was Unsicherheiten und Aufrüstmentalität in Osteuropa stärken und die Ukraine destabilisieren könnte. Gleichzeitig könnte es ein Signal für Putin sein, aus seiner selbst eingeredeten Bedrohungssituation rauszukommen, könnte sich aber auch als Einladung herauszustellen, sich in Osteuropa noch mehr der alten Einflusssphäre sichern zu wollen.

In Syrien könnte es aber genau den Effekt haben, dass dort eine Schaffung von klaren und stabileren Verhältnissen einkehrt, auch wenn sie unter dem Zeichen einer Restauration der Assad-Diktatur geschehen, wenn die USA ihre Unterstützung auch für Rebellengruppen zweifelhafter Gesinnung einstellen, nur um dort einen Stellvertreterkampf mit Russland zu führen. Allerdings ist auch nicht auszuschließen wenn das Ego eines Trump auf das eines Putin trifft, es zwar nicht gleich zu einem Krieg aber doch zu einer direkten und massiven Verschlechterung der Beziehungen in undiplomatischer Weise kommen kann.

Im Endeffekt aber bietet der Rückzug der USA Chancen insbesondere für Europa. Wir haben zulange die USA als selbstverständlich gehalten. Haben uns unter ihrem Schutz ausgeruht und haben uns selbst allzu willfährig zu ihren dienstbaren Geistern degradiert. Bündnistreue wurde zu Kadavergehorsam degradiert, nur einer transatlantischen Partnerschaft wegen, die die Europäer und unsere deutsche Regierung insbesondere der CDU lange Zeit unangemessen romantisiert haben. Fakt war, dass die Amerikaner schon in der Vergangenheit immer nur das getan haben, was ihren strategischen oder wirtschaftlichen Interessen dienlich war, dass nur besser kaschieren konnten. Ein Präsident Trump hat eigentlich nur die Maske herunter gerissen, mag uns jetzt aber auch die weiche Decke nehmen unter deren Schutz, wir uns nicht bekümmern mussten, um eine eigene politische Linie in Europa und unserem Umgang mit der Welt als auch in der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik.

Es ermöglicht uns mehr Eigenständigkeit aber ohne das wir dafür die guten Beziehungen und das dennoch auf einer deutlich ähnlicheren Basis als mit Russland stehende Verhältnis mit einem transatlantischen Band mit den USA aufgeben müssen. Die neuen Unsicherheiten sprechen noch nicht für einen außenpolitischen Verfall der Stabilität in der Welt, da kann viel kommen, muss aber nicht unbedingt. Aber allein die Möglichkeit, dass Trump den traditionellen Isolationismus der USA eine neue zyklische Phase anfügt (solche Phasen gab es in der amerikanischen Geschichte immer wieder, also Trump tut da auch nichts noch nie dagewesenes), kann Chancen für Europa in der Welt bereithalten.

Fazit

Am Ende wird selbst ein Präsident Trump in seiner Willkürlichkeit immer noch von seinen eigenen begrenzten und überwachten Möglichkeiten eingegrenzt bleiben, aber er ist auch Präsident mit einer ansprechenden Vision zumindest für die eine Hälfte des amerikanischen Volkes. Es erscheint zwar unverständlich und fragwürdig, dass die Person Trump des Amt des Präsidenten bekleiden darf, doch sollte er jetzt, wo es geschehen ist, eine Möglichkeit bekommen seine Versprechen wahr zu machen versuchen oder scheitern und dabei zu beweisen, dass er auch maßvoll regieren kann und nicht als extremistischer Hasardeur. Die neue Unsicherheit in der Außenpolitik und die womöglich eintretenden Fakten können das bisherige Funktionsgefüge der Internationalen Beziehungen durcheinander bringen und zu Instabilität und Konflikten führen, können aber gleicherweise andernorts Entspannung festgefahrener Problemherde herbeiführen. In jedem Fall besteht für Europa jetzt die Chance darin, sich nach Jahrzehnten amerikanischer Hegemonie endlich aus der fälschlich romantisierten geradezu treudoofen Unterwerfungs- und Schülerhaltung zu emanzipieren und mit den USA als nahem Partner aber auf Augenhöhe mit eigenen Fähigkeiten zu begegnen.

Autor: Seldis

Ich bin ein politischer Denker auf der Suche nach neuen, positiven Interpretationsweisen nationalen und nationalistischen Denkens. Diese theoretische Denkschule soll einerseits wiederbelebt andererseits in Anknüpfung auch an frühere theoretische Konzepte und Modelle vom Ballast übersteigerten und extremistischen Denkens des Nationalsozialismus befreit werden. Mein Ziel hierbei soll es sein eine patriotisch-nationale Perspektive als Alternative zum ewiggestrigen Denken neonazistischer Gruppen zu eröffnen. Ich würde mich in diesem Kontext selbst als Linksnationalist bezeichnen wollen.

2 Kommentare zu „Sieg ist Trump(f) – Change ist das Wort der Stunde“

  1. Zu den Demoskopien kann ich nur sagen: Die meisten Umfragen sind mittlerweile meilenweit entfernt von der Realität. Meistens baut man sich eher eine Realität auf, die sicher auf irgendwelchen logischen Folgerungen basiert, aber diese Folgerung müssen sich eben nicht in der Realität abbilden.

    Ein sehr gutes Beispiel hierfür: Niemand hätte gedacht, dass derart viele Frauen Trump wählen. Ist Trump doch ein ziemlich sexistischer Mann. Ähnlich ging es mit den Mexikanern und Latinos zu. Alle dachten, sie wären gegen Trump, ist er doch gegen ihre Interessen. Woran niemand gedacht hatte war, dass die Mexikaner und Latinos, die schon in den USA leben und dort ein Leben aufgebaut haben, selbstverständlich kein Interesse daran hatten, dass andere Ausländer kommen, denn die könnten ihnen die Jobs wieder wegnehmen. Gerade letzteres Beispiel zeigt aber auch, meiner Ansicht nach, dass die Integration super funktioniert hat, denn scheinbar fühlen sich diese Menschen schon als richtige Amerikaner.

    Ich bin mal gespannt, wann die ersten Ausländer in Deutschland die AfD wählen. Das wäre dann wohl die 100%-Marke der Integration in Deutschland.

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    1. Es war ja auch nicht so als gehörten allein die weißen Amerikaner, an die sich Trumps großes Versprechen der Arbeitsbeschaffung richtete, allein zu den Verlierern von Globalisierung und Deindustrialisierung. Die ländlichen Räume haben sicher am schlimmsten gelitten als die urbanen Dienstleistungs- und Tech-Zentren an Ost- und Westküste aber auch alte große Industriestädte wie Detroit mit einer veritablen Zahl an Schwarzen und zugezogener Latinos, denen die jetzt dort wegbrechende Industrie ebenfalls Arbeitsplätze gesichert hatte, leiden darunter genauso. Auch sympathisieren die Latinos sogar seit Jahren deutlich mehr mit der konservativen Politik der Republikaner und wählen eigentlich nur die Demokraten, wegen des latenten Rassismus in der Grand Old Party.

      Ähnliches Phänomen: die Mormonen. Als sie als Glaubensgemeinschaft noch umstritten waren und diskriminiert wurden, haben sie sich für die religiös toleranten Demokraten engagiert. Als das wegfiel, weil sie zu einer einflussreichen und anerkannten Gemeinde geworden waren, sind sie seitdem ein sicheres Wählerreservoir für die Republikaner, weil die deren moralischen und konservativen Werten nahestehen.

      Aber die Demoskopen hatten in gewisser Weise auch Recht mit einem Vorsprung Hillarys bloß scheint es so, dass sie die Wähler, die sie potenziell gehabt hätte, weniger gut mobilisieren konnte, als Trump das getan hatte. Während dessen Anhänger geradezu elektrisiert waren, blieben viele Clinton-Anhänger zu Hause, weil der Sieg scheinbar sicher war.

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