Schäuble: Der Lawine folgt eine weitere

Und schon wieder machen sich aufgereizte Medien und Politiker mit unsinnigen Wortwahl-Diskussionen lächerlich. Schäubles Lawine ist ein quantitativer Vergleich. Man sollte die Kirche im Dorf lassen und sich den wichtigeren Fragen widmen.

Und schon wieder machen sich aufgereizte Medien und Politiker mit unsinnigen Wortwahl-Diskussionen lächerlich. Schäubles Lawine ist ein quantitativer Vergleich. Man sollte die Kirche im Dorf lassen und sich den wichtigeren Fragen widmen.

Jetzt brummt den ganzen Tag schon eine Meldung über den Ticker und mit andächtigem Abstand sieht man die Fluten eines neuen Shitstorms sich mal wieder heben. Ich muss gerade an Anno 2012 denken, wo Martin Delius – seinerzeit Mitglied der Piratenpartei – es wagte folgenden Satz auszusprechen: „Der Aufstieg der Piratenpartei verläuft so rasant wie der der NSDAP zwischen 1928 und 1933“

Ich tat die Sache, als sie es in die Nachrichten schaffte, damit ab, dass die Medien mal schnell etwas zu melden brauchten. Tatsächlich wuchs sich das zu einem medialen Sperrfeuer mit Rückendeckung aus der Politik und empörten Kommentaren der Bevölkerung aus. Mit wachsendem Unverständnis verfolgte ich, wie sie sich jeder über eine reichlich banale Aussage beschwerte. Ein Freund – wahrlich kein Nazi – fasste am kommenden Morgen sein und damit auch mein Unverständnis in Worte: „Man regt sich jetzt also nur wegen einem quantitativen Vergleich so auf?“

Natürlich ist mir bewusst, dass Nazi-Vergleiche bestimmte Assoziationen wecken und das gerade unter polittaktischen Gründen seinerzeit ein dummer Kommentar war. Geschenkt. Übertrieben fand ich die Reaktion trotzdem.

Was haben wir nun? Da vergleicht Wolfgang Schäuble ebenfalls quantitativ-bildlich die derzeitige Masse der Flüchtlinge mit einer Lawine und erfasst in dieser Bildlichkeit der Frage nach der Phase, auch die ungeklärte Frage, wieviel steht uns jetzt noch bevor. Nun kritisiert allen voran Herr Gabriel diese Aussage mit der Ansicht, dass man das so nicht sagen sollte, denn Flüchtlinge seinen keine Naturkatastrophe. Die Rede ist schon seit Wochen von Asylflut, Asylsturm, Flüchtlingsansturm und das nicht allein auf Seiten rechter Kritiker, sondern auch seriöser Medien einfach um diesem zusammenkommen von Masse und unaufhaltsamen Willen Meere und Grenzbefestigungen überwindet und mit der Forderung Germany, Germany, der stattgegeben wird, die vermeintliche Gestaltungshoheit der Politik ad absurdum führt. Das Bild der Lawine kann somit in quantitativer Hinsicht der Beschreibung in jedem Fall dienen.

Nun begibt sich Herr Gabriel damit aber auch rhetorisch aufs Glatteis. Die Lawine als Katastrophe zu bezeichnen ist seine Bedeutungsverstärkung. In der Regel konnotieren wir den Abgang einer Lawine als ein normal stattfindendes Phänomen der Natur. Das Ganze als Katastrophe zu klassifizieren tun wir erst dann, ebenso bei Stürmen, Wellen, Vulkanausbrüchen wenn Schäden, Verletzungen oder gar Tote im Spiel sind. Ansonsten sprechen wir, wenn wir es dann poetisieren wollen, von Naturgewalt, etwas das unaufhaltsam über uns kommt und uns zunächst einmal hilflos zurücklässt, bis wir damit umzugehen versuchen.

Einerseits ist es lächerlich hier mal wieder aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, um sich zu profilieren oder etwas zu vermelden zu  haben, andererseits beschreibt Herr Schäuble hier bildlich einen tatsächlichen Zustand. Das Herr Gabriel aus welchen Gründen auch immer, dort etwas Negatives hereinlesen will, sollte er mit sich selbst ausmachen.

Noch besser er unterdrückt den Impuls sich mal schnell auf Grund einer tendenziösen Interpretation als Anwalt verunglimpfter Menschen zu versuchen und kümmert sich stattdessen um handfeste Vorschläge, wie eine weitere Zureise von Hundertausenden reguliert werden kann. Die Medien täten ein Übriges dazu nicht gleich jede Äußerung dahin aufzubauschen, dass man sie Hell- und Dunkeldeutschland zuordnen kann.